Über seine Familie wissen wir wenig und wir wissen nicht, warum er so geworden war. Jedenfalls war er kein besonders guter Schüler, Physik fand er zwar ästhetisch, erzählte er dies in seiner Umgebung, erntete er nur Unverständnis. Ihn interessierte sein Beruf so weit, dass er diesen so gut wie nötig erfüllte, denken sollte er dort nicht, meinte er. Weil er nicht viel redete, war er für die anderen schlecht einzuschätzen; Initiative und Spontanität waren schwerlich zu erkennen, einige hielten ihn für unintelligent. Obwohl er jedem Streit aus dem Wege ging, geriet er öfter in Händel mit größeren, blonden Jungs. Er muss wohl als ein Sonderling bezeichnet werden. Die Jungs in seiner Umgebung lachten jedenfalls über ihn, nannten ihn wegen seiner Sanftmut Schneeflocke. Was sie nicht wussten: Schneeflocke trainierte, dehnte sich jeden Tag hart und war muskelbepackt. Schneeflocke arbeitete seit Jahren an einem selbst kreierten Tanz. Er hatte beschlossen ein Ballerino zu werden und irgendwann mit seinem Tanz, seinem eigenen Tanz, zu faszinieren und Vergnügen zu bereiten. Wenn er einsam morgens an der frischen Luft übte, sahen einige zu, einzig eine Violinistin meinte einmal: „Das ist aber anspruchsvoll!“ Als sein Antrieb zu tanzen schon erlahmte, hatte er einen Unfall, der seinem Vorhaben ein jähes Ende bereitete. Schade! Hätte sein Tanz Beachtung gefunden? Gab es noch ein Publikum für den Balletttanz? Man sucht den Sinn vergeblich in dieser lächerlichen, überflüssigen Geschichte von dem Ballerino Schneeflocke.
(12.2021)