Pausenprosa

Es ist wieder Zeit für ein Buch! Mir hängen in letzter Zeit Krimis zum Halse heraus, denn erst muss jemand meist brutal sterben, damit jemand solche Zeilen liest. Zumindest gibt es ja auch andere Literatur, die Pflege der Sprache oder Gedanken, Gesellschaftskritik, welche die Gesellschaft aufklärt. Nun habe ich ein Büchlein aufgespürt, in dem sich Texte finden, die ich aufgrund deren Kürze jeweils in einer Mittagspause aufschlagen und zu Ende lesen kann. Und was schreibt der Schöngeist? Er stellt fest: früher erschienen in Zeitungen, in den Feuilletons kürzere Texte und man bot so neuen Autoren eine Bühne. Das ist vorbei! Dieses Unterbleiben heutzutage beklagt der Schriftsteller und bezeichnet diesen Mangel als Geist- und Kulturlosigkeit in diesem Land.-
Ob die Menschen heutzutage weniger lesen? Die Bücherläden seien anständig mit Menschen und Unterhaltungsliteratur gefüllt. Der Schriftsteller sieht daher als Grund die Auswahl der Lektüre und deren Bewerbung.
Selbstständige Gedanken eigensinniger Individuen könnten andere Gemüter ja erregen, irritieren oder animieren…Die Eliten möchten keine Schreiber hören, die sie als Störenfriede betrachten, deren Stimmen sie neben der eigenen dulden müssten, eine lästige Konkurrenz (in deren Augen!) bei der Gedankenverbreitung, Bewußtseinssteuerung und Interessendurchsetzung. Die Unterdrückung von Gedankenliteratur habe demnach System.
Ich schließe das Büchlein und denke: wahrlich eine Alternative zur Trivialliteratur! Aber interessiert das hier noch jemanden? Sozialer Frieden hin oder her: Das Land der Dichter und Denker ist vorbei!

(10.2020)