János Enyedi, geboren 1937 in Ungarn, Ausbildung zum Künstler in Budapest, nach seiner Flucht in den 50er Jahren in den Westen, Vertiefung der künstlerischen Ausbildung an der Kunsthochschule Lerchenfeld in Hamburg und dort auch Ablegung der Gesellenprüfung in Töpferei, ist ein vielseitiger Künstler: Malerei, Graphik, Photographie, Bildhauerei bis hin zur Keramik, die von der Aufbaukeramik bis zur Töpferscheibe reicht, sind seine Disziplinen. Da der Künstler dem Kunstinteressierten hinreichend bekannt ist, wobei seine Kunst allgemein gewürdigt wurde, soll auf eine allgemeine Vorstellung Enyedis verzichtet werden und auf die von der Presse stiefmütterlich bzw. selten beachtete gedrehte Keramik eingegangen werden.
Auf die Frage „warum“ die Presse im allgemeinen die gedrehte Ḱeramik unbeachtet läßt, gibt es nur die einfache Antwort: sie wird dem Kunstgewerbe zugeordnet. Ob dies nun richtig oder falsch ist, steht hier nicht zur Debatte – es ist eine Sache der Betrachtung.
Die Enyedi Keramik – die auf der Töpferscheibe entstanden ist – muß man sehen, in Ruhe betrachten, auf sich wirken lassen, sie umrunden, erst dann, wenn er die Augen zum Sehen benutzt, ist der Betrachter
in der Lage, die ganze Schönheit zu erfassen – in der Einmaligkeit der Form und der Glasur.
Schwärmerei eines Laien? – vielleicht – jedoch es gibt Gleichgesinnte. Betrachten wir die Form: die ganze Pracht der üppigen Natur holt man sich mit Enyedis gedrehter Ḱeramik in die Wohnung bzw ins Haus. Seine Formen. die er seit den 80er Jahren gestaltet, wirken der Natur nachempfunden: Tulpen, Glockenblumen, Wasserrosenblätter, Kornblumen und vieles mehr – in der Form absstrakt-gegenständlich gehalten – ob als Schale, Teller, Platte oder Vase. Die archaischen Formen, die in der Regel von Keramikern bevorzugt werden, fehlen bei Enyedi, auch die Mischform – halb auf der Töpferscheibe gedreht, die andere Hälfte aufgebaut – ist für den Künstler kein geeignetes Stilmittel.
Die Enyedi-Keramik hat vier besondere Merkmale:
1. Sie ist klein oder überdimensional groß: in der Zierlichkeit oder der Wuchtigkeit liegt ihr Reiz,
2. die Keramik ist dickwandig,
3. der Formenabschluß ist der Keramiktradition genau entgegengesetzt,
4. die Glasur ist entweder sprsam aufgetragen – der Ton, der selbst hergestellt und bei 1250 Grad Celsius gebrannt wird , soll mit sei ner Farbe der Natur gerecht werden, indem er die Farben für die Glasur selbst herstellt und sie auch mischt.
Die Vereinigung dieser Merkmale in jedem Werk der Enyedi-Keramik machen daraus ein Kunstwerk, das aus sich selbst heraus wirkt: gedrehteEnyedi-Keramik ist Kunstwerk, Zierstück und Gebrauchsgegenstand in einem.
(Aus: farfarelli, Nr.2/89)