Ein Bild des Künstlers Kargar

Ein jüngerer Mann sitzt in einem Zimmer auf einem Bett und hält seinen Kopf. Der Kopf zeigt rechts zu einem fast ganz verdunkeltem Fenster, links befindet sich eine Tür. Aschenbecher, Flaschen, die vermutlich Alkohol enthielten und Bücher liegen auf dem Boden und auf einem kleinen Tisch herum. Wie bei einer Marionette hängt der jüngere Mann oder Junge an Fäden, die durch die geschlossene Tür abgeklemmt sind; ein Faden scheint abgetrennt zu sein und an der Wand direkt über der Tür zu enden; dort hängen sechs Zettel, die sicherlich Notizen enthalten. Dies ist die Szenerie.

Die Tür und das Fenster-Rollo sind braun, auf dem Bett eine grüne Decke, die Wände sind grau, der Junge trägt eine blaue Jeans und ein blaues Oberteil.

Der Junge ist anscheinend sportlich (eckige Kniescheiben) und hungert offenbar übertrieben, da seine Arme dürr sind, die Finger knöchern, eine Schale ist so leer, dass schon der Löffel sinnbildlich durch sie stößt.
Wenn man genau hinschaut, sieht man nicht nur einen Jungen, sondern mindestens zwei weitere Figuren, die in die Umrisse des Jungen gemalt sind: ein muskulöser Adonis mit griechischem Haarschmuck, ein junger Knabe mit Zipfelmütze (den man umso besser erkennt, wenn man das vorherige Bild des Malers kennt, denn es handelt sich um eine Bildserie), des Weiteren ahnt man eine dritte, monströse Gestalt, die das „Figurengebilde“ zusammen zu halten scheint.
Der Kopf, den der Junge in beiden Händen hält, ist zu weit von Körper gemalt; offenbar soll hier die Trennung von Körper und Geist, eine Vergeistigung, angedeutet werden.
Die ganze Szenerie stellt wohl einen Jugendlichen in der Pubertät dar, die er mit Alkohol, Zigaretten und Büchern „auskämpft“. Links unter der Tür liegen lauter Briefe, die eine Vernachlässigung sozialer Kontakte verdeutlichen.
Immerhin hat er es geschafft, die Fäden an denen wir alle hängen, zu entlasten oder ganz abzutrennen.

Daher ist meine These, dass es nicht nur um Pubertät geht, sondern um die Entgrenzung, die Befreiung von Fremdsteuerung, wie wir dieser mehr oder weniger alle ausgesetzt sind. Man kann dies als übertreiben bezeichnen, einigen wenigen wird dieses Bestreben aus eigener Jugendzeit bekannt vorkommen.

Dieses Bild ist wie schon gesagt eines aus einer Serie, die im engeren Sinne aus vier Aquarellen besteht. Hamid Kargar -der Künstler- hat dieses Bild des Pubertierenden ein zweites Mal detaillierter gemalt; diese zweite Version lag meiner Beschreibung zugrunde.

Es ist eines der originellsten und besten Bilder, die ich je gesehen habe. Dieses Bild und die Serie sind neben weiteren Bildern auf der Internetseite des Künstlers zu finden: https://kargar.de/bilder

(5.2021)

Ein weiteres Bild diese Serie: